Unberechtigte Forderungen/Rechnung vom Stiefvater

Stell dir vor du lebst nach langer Zeit endlich in einer Familie, in der man dir einigermaßen hilft, dir zuhört und dich respektiert. Das war nicht immer so. Schon als Kind sah man dich als einen Fehltritt an. An allem warst du schuld und nie hast du irgend etwas auch nur ansatzweise richtig gemacht. Mit gerade einmal 18 zogst du zu einem Freund in eine WG, da es nicht mehr auszuhalten war.
Dieses Glück währt jedoch nur kurz – ca. 3 Jahre. Denn ein neuer Mann tritt in das Leben deiner Mutter. Er sei ja so schlau, kenne sich mit den Gesetzen sehr genau aus und wisse genau bei welchem Amt es wann Geld gibt. Damit man nicht am Hungertuch nagen muss.

Dann fängt es schleichend an, dass die Familie dich nicht mehr mag: Du kommst am Samstag von der Arbeit nach Hause, bist total kaputt und wirfst dich auf die Couch. Umgehend klingelt das Telefon:”Hol sofort deine Sachen aus deinem alten Zimmer!” -“Aber ich bin gerade erst von der Arbeit gekommen!” -“Wenn du nicht in fünf Minuten hier bist und alles abholst, werfe ich das weg!” Die Sachen liegen dort seit fünf Jahren. Denn vor fünf Jahren bist du Hals über Kopf ausgezogen.
Der neue Partner brauche den Platz. Du fragst dich, was mit den restlichen ca. 76m² passiert ist. Dass er gerade einmal 6 Monate nach Einzug “deine” 14m² deines alten Zimmers braucht. Später stellst du fest, dass er ein Angebotsjäger ist mit Tendenz zum Messie. In deinem alten Zimmer liegt später nichts weiter als – Müll. Haufenweise alte Kartons – fast alle leer. In einigen ist etwas enthalten – weiterer Müll. Pardon! Ich meinte natürlich Ersatzteile und Dinge, die man vielleicht ein einziges Mal in 100 Jahren braucht. In mehrfacher Ausführung natürlich. Es könnte ja kaputt gehen.

Wenn du einmal anrufst und Hilfe brauchst, heißt es in 90% der Fälle:”Entschuldige, wir essen gerade! Nichts kann wichtiger sein!”, oder etwas ähnliches. Du rufst immer weniger dort an, man wimmelt dich ja eh meistens ab.
Es wird schlimmer und schlimmer. Dieser Mensch zerteilt die Familie immer weiter. Bis du wieder am Anfang stehst. Die Familie sieht dich wieder so, wie sie es früher schon immer getan hat: Du bist ein sehr schlechter Mensch. Du hilfst nie. Du bist nie da/erreichbar, wenn man dich braucht etc pp. Aber der neue Mann deiner Mutter – dein Stiefvater – ist der Allerbeste! Er hat ja schon immer der Familie geholfen! Du fragst:”Hallo? Sie hat ihn doch erst kürzlich kennen gelernt. Wie kann er euch da schon immer geholfen haben?” Aber das ist natürlich wieder nur ein Beweis, wie schlecht du bist. Du willst nur das Glück anderer zerstören. Du altes Egoistenschwein!

Natürlich machst du das, das jeder in der Situation gemacht hätte: Du fängst an dein eigenes Leben zu leben ohne diese Familie. Du ziehst weg – aus beruflichen Gründen. Natürlich bist du jetzt noch schlimmer, als zuvor. Mit deinem Umzug lässt du sie erst recht im Stich. Es zeigt umso mehr, dass du total egoistisch bist. Dass es jedoch um Arbeitslosigkeit oder nicht ging; das wollen sie nicht sehen. Die Familie geht endgültig zu Bruch. Niemand meldet sich mehr bei dir. Du meldest dich auch nicht. Wozu? Es war in der Vergangenheit ja zu 90% ein total unpassender Moment. Alles war wichtiger.

Ein Familienmitglied nach dem anderen stirbt. Du erlangst mal Kenntnis davon durch das Amtsgericht. Mal durch einen alten Freund. Am Ende bist du das einzige Familienmitglied, das ein Haus erben soll. Anteile an dem Haus hat dein Stiefvater geschenkt bekommen. Weil er ja so ein toller Mensch ist und sich immer gekümmert hat. Während du … Du kennst das ja.
Einen Monat nach dem Tod der Besitzerin wird dir von einem Freund folgendes mitgeteilt:”Ich habe eine traurige Nachricht für dich. Leider darf ich dir jetzt erst davon erzählen. Vor einem Monat ist … gestorben.” Natürlich willst du nicht in das Haus einziehen. Es ist von deinem Arbeitsplatz viel zu weit weg. Du möchtest es verkaufen. Das steht sofort fest.
Was du nicht weißt: Dein Stiefvater hat eine Vollmacht, die über den Tod hinaus gilt. Es vergeht ca. eine Woche, dann erfährst du davon. Sofort schreibst du deinem Stiefvater, dass du die Vollmacht widerrufst und er das Haus bis auf weiteres nicht mehr zu betreten hat. Letzteres machst du, weil du vermutest, er könne das ganze Haus leer räumen. Dir ist bewusst, dass er dazu schon einen Monat Gelegenheit hatte. Was jedoch noch darin enthalten ist, soll auch darin bleiben. Du erfährst außerdem, dass er die Beerdigung bezahlt hat und dafür jedoch einen Kredit aufnehmen musste. Er will von dir das Geld für die Beerdigung. Sowie die Zinsen für den Kredit. Du zahlst in Absprache mit deinem Anwalt nur die Bestattung. Dass er einen Kredit aufnehmen musste ist sein Problem. Denn du kannst per Kontoauszug beweisen, dass du zum Zeitpunkt des Todes – respektive der Fälligkeit der Rechnung – genug Geld auf dem Konto hattest und keinen Kredit hättest aufnehmen müssen.

Eine weitere Woche vergeht. Du kannst endlich zum Haus fahren und es dir ansehen. Es ist fast nichts mehr da. Nur alte und defekte Möbel wurden stehen gelassen. Die Plätze, an denen früher immer Geld versteckt war – leer. Wertvolles Geschirr – weg. Diverse Sachen von der Wand wurden abgehangen – Bilder und Zinnteller, von denen man wohl vermutete, sie wären wertvoll. Sämtlicher Schmuck ist weg. Familienfotos – alle weg. Dafür sind Ordner mit wichtigen Akten wieder in den Schränken, die ein Freund zuvor nicht fand.
Du gehst somit mit einem kleinen Umzugskarton mit Akten gefüllt aus dem 124m² großen Haus. In einem weiteren Umzugskarton befinden sich ein paar Bücher, sowie ein paar Osterdekorationen. Mehr ist in diesem großem Haus nicht mehr zu holen gewesen.
Anschließend gibst du deinem Freund noch das eine oder andere Bierchen aus. Danach haust du dich ins Hotel und fährst am nächsten Tag wieder nach Hause.

Kurz darauf findet der Freund einen Zettel:”Ich habe Interesse an dem Haus. Wenn Sie es verkaufen möchten, rufen Sie mich an!” Das machst du und ihr einigt euch sehr schnell auf einen annehmbaren Preis. Er ist sogar für die Gegend und den Zustand etwas zu hoch. Dem potentiellen Käufer erklärst du auch, dass du immer noch auf die Eröffnung des Testaments wartest. Außerdem klärst du ab, ob du das Haus ausräumen sollst oder er es auf eigene Kosten macht. Woraufhin er mit deinem Freund eine Begehung vereinbart. Alles in Ordnung. Er will das Haus auf eigene Kosten räumen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hälst du endlich den Erbschein in den Händen und der Hausverkauf kann losgehen. Der Käufer wohnte in der gleichen Straße. Er konnte sich immer wieder vom Zustand des Hauses und Gartens vergewissern. Dein Freund hat einmal gemäht. Jedoch ging der Rasenmäher kaputt und er wollte für die paar Meter keinen neuen kaufen; hätte wohl niemand. Des weiteren war dem Käufer der Zustand im Haus bekannt. Kurz vor dem Notartermin war eine weitere Begehung. Im Kaufvertrag steht deshalb nichts von “besenrein” oder “leer”, wie es normal der Fall wäre.
Bei der Schlüsselübergabe betritt dein Stiefvater noch einmal das Haus und sieht sich um.

Das Haus ist mittlerweile verkauft, du und dein Stiefvater halten das Geld in den Händen. Nach einem Monat erhälst du ein Schreiben von deinem Stiefvater.
Da “noch der gesamte Hausrat der verstorbenen [im Haus vorhanden war]. Nicht nur ein Teil der Möbel, wovon [er] aufgrund der Formulierung im Kaufvertrag ausgegangen war, sondern das gesamte Mobiliar und Hausrat (u.a. Kleidung und Geschirr) in grosser [sic!] Menge sowie persönlichste Gegenstände wie Brillen, Geldbeutel, Telefonnummern und Hörgerate, bis hin zu ungewaschener Wäsche im Wäscheständer.”
Den Geldbeutel hattest du natürlich ausgeräumt. Auf einer Kommode lag ein kleines Büchlein, in das man Adressen und Telefonnummern eintragen konnte. Darin war jedoch nichts hinein geschrieben. Natürlich hattest du vorher alles durchsucht, ob irgendwo Telefonnummern herumlagen. Denn dann hättest du die entsprechenden Leute informieren können. Den Rest hast du nicht entsorgen lassen, denn der Käufer erklärte sich bereit das alles zu entsorgen. Kurz vor dem Kauf fragte er noch einmal nach, ob sich im Haus noch etwas ändern würde, was die Sachen darin angeht. Dies hast du verneint. Die entsprechende Formulierung gab es im Kaufvertrag auch nicht. Siehe weiter oben.

Außerdem schreibt er:”Das Haus stand vom Tod […] bis zur Übergabe an […] nicht leer sondern wurde von Ihnen genutzt. Da Sie meinen Eigentumsanteil genutzt haben und die alleinige Kontrolle über meinen Eigentumsanteil ausgeübt haben ist für mich ein Zahlungssanspruch [sic!] entstanden.” Dahinter befindet sich eine Rechnung. In dieser geht dein Stiefvater sogar so weit, dass er selbst für den einen Monat Nutzungsentgeld haben will. Der eine Monat, in dem dir keiner sagen durfte, dass die Person verstorben ist.
Deinem Stiefvater war natürlich bekannt, dass der Käufer alles entsorgen lässt und das Haus so übernimmt. Folglich ist klar, dass man nichts entsorgen lässt. Die verstorbene Person hatte keine Miete an deinen Stiefvater gezahlt und folglich das volle Nutzungsrecht. Dies hast du natürlich geerbt. Es gab weder einen Vertrag zwischen ihm und der verstorbenen Person; noch zwischen ihm und dir. Des weiteren hat er nie angekündigt, dass er seinen Anteil nutzen wollte. Das alles muss natürlich schriftlich vorliegen. Die Miete hätte überwiesen werden müssen. Ansonsten gibt es keinen rechtswirksamen Beleg für ein Gericht. Rückwirkend ein Nutzungsentgeld geltend zu machen ist – soweit ich gelesen habe – nur zwischen Ehepartnern bei einer Scheidung möglich und selbst dort nur in Ausnahmefällen. Wenn diese ein gemeinsames Haus haben.

“Die fehlende Räumung und Reinigung des Hauses zum Verkauf, sowie fehlende zumindest rudimentäre Gartenpflege stellen eine Wertminderung dar. [Dem Käufer] war offensichtlich bekannt, dass sie den kompletten Hausrat übernehmen und entsorgen muss und hat dieses somit in ihre Entscheidung über einen akzeptablen Kaufpreis einbezogen.”
Du hattest sogar kurzzeitig einen Makler beauftragen wollen, um mehr Geld aus dem Hausverkauf zu ziehen. In diesem Fall hättest du natürlich alles entsorgen lassen. Dein Stiefvater wollte sich jedoch nicht an den Kosten für den Makler beteiligen und drängte zum Verkauf an den Käufer zu eben jenem Preis, der schlussendlich bezahlt wurde. Dies hast du sogar schriftlich von ihm.
“Die Wertminderung ist mindestens gleichzusetzen den Kosten für eine professionelle Räumung, Grundreinigung und Gartengrundpflege, diese schätze ich zusammen auf 5000.- Euro entsprechend […] Euro für meinen Eigentumsanteil.”
Da das Haus zu dem Zeitpunkt verkauft war, konnte von niemanden darüber ein Angebot eingeholt werden. Der Käufer hat sich vor dem Kauf kein Angebot eingeholt. Du weißt nicht, ob der Käufer nicht alles selbst zum Wertstoffhof fährt und entsorgt, ob er nicht selbst das Haus komplett reinigt und selbst den Garten im Frühjahr pflegt. Dies wäre eine Eigenleistung, die man nur schwer in einem Geldwert beziffern kann. Aus diversen Gründen. Auch weiß niemand, wie viel es den Käufer gekostet hat. Sollte er tatsächlich Firmen damit beauftragt haben. Man kann nicht pauschal sagen, er hat mit 5000€ gerechnet und somit den Kaufpreis um 5000€ gesenkt. Denn niemals fand eine Preisverhandlung statt. Als du den potentiellen Käufer damals angerufen hast, hast du ihm eine Summe genannt. Für diesen Preis ging das Haus schlussendlich weg. Niemals kam ein:”Aber ich muss das noch alles entsorgen lassen. Das kostet bestimmt 5000€. Machen wir 5000€ weniger?”
Des weiteren hatte der Käufer sogar noch vor dem Kauf eine Besichtigung durchgeführt und selbst dort nichts von einer Wertminderung geäußert.

Außerdem fordert dein Stiefvater erneut die Zinsen für den Kredit, den er für die Bestattungskosten aufnehmen musste. Die du nicht bezahlen brauchst, wie weiter oben erläutert.

Anscheinend hat man immer noch nicht genug aus dieser Familie heraus gesaugt. Du reagierst darauf nicht, denn Freunde haben recherchiert: Die Forderungen beruhen auf nichts als heißer Luft.

Etwas über einen Monat später kommt eine Mahnung. Man droht jetzt damit alle weiteren Kosten, die zur “Beitreibung der Forderung entstehen sowie Zinsen in gesetzlich festgelegter Höhe geltend zu machen.”
Du schreibst zurück, dass die Forderung absoluter Schwachsinn sei und er das sicherlich auch wisse. Falls nicht, solle er sich von einem Anwalt beraten lassen. Du würdest weitere Post von ihm umgehend auf seine Kosten zurück senden. Sein Anwalt könne dich jedoch gerne anschreiben. Deine Zeit sei dir zu kostbar für solchen Unfug.

Einen weiteren Monat später kommt die zweite Mahnung. Sie wird dir über einen Gerichtsvollzieher zugestellt. Man will nun Zinsen in Höhe von 17,32€. Außerdem 13€ für die Zustellung über den Gerichtsvollzieher. Da du keine Argumente gegen die Forderung abgegeben hast, werden die Details erneut aufgelistet. Was im Endeffekt eine Kopie des ersten Schreibens ist.
Du wartest nun erneut und reagierst nicht. Denn nicht du bist in der Beweispflicht, sondern derjenige, der das Geld einfordert.

So sieht es vermutlich in Zukunft aus:
Dein Stiefvater müsste nun zum Anwalt rennen, um einen Gerichtsvollzieher zu beauftragen das Geld bei dir einzutreiben. Hierbei bekommst du abermals einen Brief. Diesem Brief liegt eine Widerspruchserklärung bei. Die musst du ausfüllen. Innerhalb von zwei Wochen muss sie beim Amtsgericht liegen. Solltest du das verpennt haben, weil du z. B. im Urlaub warst und sich keiner um deine Post kümmern kann, nicht gleich den Kopf in den Sand stecken! Selbst dem Vollstreckungsbescheid kannst du widersprechen. Du bist immer noch nicht in der Beweispflicht! Das darfst du niemals vergessen! Wenn du dem Vollstreckungsbescheid widersprichst hat das ein Gerichtsverfahren zur Folge. Vor dem Gericht muss dein Stiefvater nun beweisen, dass es Verträge gibt und seine Forderungen berechtigt sind. Nicht du! Er!
Somit: Don’t panic! Nimm dein Handtuch und sitz es aus.

Es ist zu vermuten, dass es in diesem Fall nicht weiter geht. Ein Anwalt kostet zum einen Geld, das sehr vermutlich nicht vorhanden ist. Zum anderen wird der Anwalt dem Stiefvater wohl erklären, dass seine Forderungen Schwachsinn sind.
Natürlich könnte es auch sein, dass nun eine Mahnung nach der anderen ins Haus flattert. Weil man nur psychischen Druck ausüben will. In diesem Falle würde ich eine Unterlassungserklärung schicken. Vielleicht erst einmal ohne Anwalt. Vordrucke dazu gibt es genügend im Netz. Einen davon habe ich hier einmal als Link eingestellt. Sollte dies nichts bringen, wird wohl der Gang zum Anwalt notwendig sein. In einigen Städten gibt es Beratungsstellen, wenn man ein Opfer von Gewalt ist. In diesem Falle wäre es die Ausübung von psychischer Gewalt. Die niemals zu unterschätzen ist. Sollte dir unwohl sein oder du willst dir das alles von der Seele reden: Scheue dich nicht die Telefonseelsorge anzurufen. Die Adresse befindet sich im zuvor genannten Link.

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Ein Gedanke zu „Unberechtigte Forderungen/Rechnung vom Stiefvater

  1. ooooh, das freut mich so!!! Nun weißt man genau, wie man sich schützen kann und alles richtig macht!!!!! Genau DAS suchte ich ❤ ❤ ❤

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