Leben mit einer “Tierhaarallergie”

Was Luna einmal schreiben wollte, schreibe ich nun. Denn ich bin davon betroffen und zwar so sehr, dass ich meinen Alltag danach gestalten muss.

Wenn ich in ein Restaurant will, muss ich vorher immer fragen, ob Hunde erlaubt sind. Meistens such ich erstmal im Netz. Dabei stoße ich immer wieder auf Forenbeiträge über das Thema “Darf mein Hund mit zu […]”. In fast jedem Beitrag findet man einen Besitzer:”Wenn mein Hund nicht mit rein darf, dann geh ich da auch nicht hin! 👿 ” Manchmal fehlt auch der wütende Smiley.

Hundebesitzer haben es in der Hinsicht sehr viel besser. Denn, dass Hunde irgendwo nicht mit rein dürfen, ist eher die Ausnahme. Ich muss jedenfalls alles meiden, wo kein Schild ist, dass Hunde nicht erlaubt sind. Weil ich ansonsten Gefahr laufe zu ersticken. Ja, richtig gelesen. Ich leide an einer Allergie eines Eiweiß’ im Speichel von Hunden. Da Hunde hecheln geben sie es in die Luft ab. Es ist also egal, ob der Hund 20m von mir entfernt ist oder nicht. Ein geschlossener Raum bleibt ein geschlossener Raum. Es ist lediglich eine Frage der Zeit, wann ich das allergische Asthma bekomme. Ist der Hund am Nebentisch, kann dies teils nur 30 Sekunden dauern. Ist er 20m entfernt, kann dies nach 15 Minuten der Fall sein.

Wo ich schon überall überstürzt raus musste: Restaurants, Elektronikfachmärkte, Baumärkte, Kaufhäuser, Zugabteil mit reservierten Platz, Einkaufspassagen, Eisdielen, Cafés…
Oder in anderen Worten: Ich kann fast nirgendwo hin. 😥

“Mein Hund haart doch nicht!”
“Das hat mit dem Fell auch gar nichts zu tun. Das ist ein Eiweiß im Speichel, das Ihr Hund beim Atmen an die Umgebung abgibt.”
“Also, DAS habe ich ja noch NIE gehört!”
Vielleicht wirklich nicht. Das Wort “Tierhaarallergie” ist leider komplett falsch.

Am Traurigsten fand ich einmal, als Leute dafür abstimmten, dass Hunde auch in Krankenhäusern und Pflegeheimen erlaubt werden sollen. Dort erzählte ich, wie es mir geht. Ähnlich wie hier. Je nach Situation dauert es kürzer oder länger. Es läuft aber auf eins hinaus; ich muss schnellstmöglich den Ort verlassen und es dauert Stunden, bis ich wieder einigermaßen normal atmen kann. Manchmal kommt sogar noch dazu, dass am nächsten Tag die Mandeln schmerzen. Oftmals benötige ich dann Antibiotika. Wie das zusammenhängt, weiß ich nicht. Es ist einfach so.
Mein Hausarzt sagte mir vor 25 Jahren: “Dann meide doch einfach Hunde! So etwas kann man nicht testen!” Seit 25 Jahren renne ich also überall hinaus.
Durch solch eine Abstimmung, wenn es denn erlaubt werden würde, würden sich Krankenhäuser für mich erledigen. Ich könnte also bei einer Blinddarmentzündung, einem Unfall oder was auch immer einen Aufenthalt im Krankenhaus notwendig macht, nicht dort hin. In diversen Fällen würde dies bedeuten, dass ich sterben muss. Was in einigen der Fällen vermeidbar wäre. Sollte ich einmal pflegebedürftig sein, ergibt sich für mich das gleiche Problem. Am besten fahre ich dann in ein Land, das Sterbehilfe erlaubt?!

Stell dir das bitte mal für dich selbst vor! Du müsstest ins Krankenhaus. Dort könnte man dir helfen und du musst nicht sterben. Leider kannst du wegen einer Allergie nicht dorthin. Wie würdest du dich da fühlen?
Für mich ist das ein Gefühl der Hilflosigkeit. Es macht mir Angst. Es ist, als würde ich im Traum mit dem Auto gegen eine Wand fahren und schweißgebadet aufwachen. Es ist sogar noch schlimmer! Ich fühle mich ausgegrenzt, nutzlos und zum Tode verurteilt.
Was ich bei der Abstimmung dann zu hören bekam, war noch heftiger, als ich es mir jemals zu träumen wagte:”HUNDEHASSERIN!”, “Wegen Leuten wie dir hab ich jetzt noch mehr Abstimmungen gesucht und ALLE unterschrieben!”
Ja, genau das. Etwas, das für mich einen Tod bedeutet, mir Angst macht … Das unterschreibt man dann gleich noch viel lieber?! Ernsthaft jetzt? Was geht in Leuten vor, die sowas schreiben und so handeln? Für mich kam ich zum Schluss, dass jemand, der sowas schreibt, entweder Menschen hasst und/oder das Wohl des Hundes vor das eines Menschens setzt. Ich kann es mir wirklich nicht anders erklären.

Ich bin mit dieser Allergie kein Einzelfall. Es gibt eine Menge Leute, die das gleiche Problem haben, wie ich. Nur durch sie habe ich erst erfahren, warum ich keine Luft mehr bekomme, wenn ein Hund in der Nähe ist.
Warum ich das hier grade schreibe? Aus dem gegebenen Anlass, dass ich ein günstiges Restaurant suche, in das ich heute Abend mit meinem Mann gehen kann. Leider hab ich wieder mal nichts im Umkreis gefunden. Es macht mich einfach nur sehr, sehr traurig, dass ich kein “normales” Leben leben kann. Wer keine Allergie hat, der kann weggehen, wohin er will. Einkaufen gehen, wo er mag. Im Baumarkt sein Zeugs kaufen. Beim Einzelhändler seine DVD/Bluray…
All diese Dinge bleiben mir leider verwehrt. Wenn ich drüber spreche, darf ich mir häufig “Hundehasser” anhören. Entschuldigung, aber wer mir das an den Kopf wirft, der ist für mich ein Menschenhasser. Anders kann ich mir diese Reaktion leider nicht erklären. Ich möchte hier gern von Ausnahmen sprechen. Die hier genannten heftigen Reaktionen sind es meist auch.
Was jedoch keine Ausnahme ist, ist die Erklärungsnot, in die wir (mein Mann und ich) gedrängt werden, wenn auf der Straße ein Hund (angeleint oder nicht) auf uns zurennt. Meist stellt sich mein Mann schützend davor und versucht krampfhaft, dass der Hund mich nicht erreicht und ihn selbst dabei nicht mit dem Maul oder der Nase berührt. Denn die Allergene haften sonst an mir oder ihm. Oftmals hört man vom Halter:”Der will nur spielen!”
Genau das bringt uns in den Zwang die Lage erklären zu müssen und häufig ernten wir dann verständnislose Blicke. Ich möchte aber ungern die Allergene in mein Auto tragen oder dort haben. Die übrigens 6-18 Monate brauchen, bis sie sich zersetzt haben. Im schlimmsten Fall bekomme ich also in meinem eigenen Auto und Zuhause Probleme.
Diese Situation ist leider kein Einzelfall. Das ist für mich Alltag. Aus diesem Grund bin ich Zuhause gefangen. Denn dieser letztgenannten Situation kann ich mich nicht anders entziehen.

Lese ich also wieder einmal ein wütenes:”Wenn mein Hund nicht mit darf, dann gehe ich dort auch nicht hin!”, dann denke ich nur:”Du weißt gar nicht, wie gut du es hast.” Denn, wie anfangs geschrieben, Hunde dürfen fast überall mit hin. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Ich kann nur in die Ausnahmen.

Edit Luna Flausn: Einen kleinen Twitterthread von mir zu diesem Thema findet man hier.

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