Das Jahr, in dem ich 10 Jahre alt werden sollte. Es kommt mir vor wie gestern. Vermutlich, weil so viel passierte und ich mich noch ziemlich genau an alles erinnere.
Meine Erzeugerin hatte die Scheidung eingereicht. Zuvor war sie jedoch mit mir zu ihren Eltern geflüchtet. Ich erzählte, wie sehr ich mich darauf freute endlich zweistellig zu werden. Daran sei doch nichts Gutes, sagte die Mutter meiner Erzeugerin. Ich jedoch dachte mir:”Nur noch 8 verdammte Jahre. Dann kannst du endlich dein Leben leben wie du willst!” Denn meine Kindheit war die verdammte Hölle.
9.1. – An einem Tag kurz vor den Herbstferien 1985 wurde uns eine Geschichte vorgelesen. Wir durften nebenbei Malen. Also holte auch ich meinen Zeichenblock aus der Tasche. Während die anderen Kinder sich einen Dreck darum scherten, wie laut sie dies taten, tat ich das auffällig langsam und damit leise. Auch den Reißverschluss meiner Federmappe öffnete ich langsam und leise. Auf mal tönte es:”[Mein Name] RAUS!” Ich fragte, wieso. Weil ich den Unterricht gestört hätte und so laut wäre. Genau aus diesem Grund war ich leise, bzw. versuchte alles so leise wie möglich zu machen. Es war nämlich nicht das erste Mal, das kam immer wieder vor, wenn alle Bücher heraus holen sollten, man die Aufgaben auf Seite x im Mathebuch jetzt lösen sollte o. ä.
Ich erwiderte, dass ich doch extra leise war und sie mich wohl verwechseln müsse. Da stand die auf mal neben mir und zerrte an mir herum. Der Stuhl kippte irgendwann und sie schliff mich regelrecht über dem Boden vor die Tür. Wo ich sehr laut weinte, weil ich einerseits Schmerzen hatte, andererseits aber überhaupt nicht verstand, was da gerade abgelaufen war. Jedoch schaute kein anderer Lehrer heraus oder kam überhaupt vorbei. Ich bin mir sicher, dass man das gehört haben muss und das Weinen andere Klassen störte. Zumal es nicht nur 5 Minuten waren, sondern für den Rest der Stunde, also bestimmt gut 30 Minuten lang, bis es klingelte (eine Schulstunde = 45 Minuten).
Zuhause angekommen hatte ich immer noch Schmerzen und erzählte meiner Erzeugerin vom Vorfall. Sie zog mir Pullover und T-Shirt aus und man sah 5 rote Striemen auf meiner Brust, sowie Prellungen am Oberarm. Sofort fuhr sie mit mir zum Arzt, der alles dokumentierte und die ganze Sache ging zur Schulaufsichtsbehörde.
Netterweise glaubte man dem Arzt und mir nicht. Ich hätte mir das selbst beim Spielen zugezogen oder einer meiner Erzeuger sei dafür verantwortlich. Jeder würde meinen Erzeuger ja als stadtbekannten Alkoholiker kennen, der Frau und Kind verprügelte. Nun wollte man das ihr unterschieben.
Trotzdem erwirkte man, dass ich in die Parallelklasse durfte. Dies war mein erster Schultag dort und es fühlte sich sehr gut an!